Mit freundlicher Genehmigung von Werner P. Binder aus seinem Artikel in der FLZ v. 7.Sept. 2007

ZumBeispiel Lipprichhausen:
Die in Gotha erscheinende Deutsche Zeitung mit dem Untertitel "Moralische Schilderungen der Menschen, Sitten, Staaten unserer Zeit" berichtete im Oktober 1795 über das Dorf im Uffenheimer Gau:


Aus Franken. In unserer Gegend besteht seit mehrern Jahren eine Lesegesellschaft, welche gegenwärtig 17 ordentliche und mehrere außerordentliche Mitglieder zählt, und deren Direktor der Pfarrer Lampert zu Lipprichhausen,
ein sehr thätiger und einsichtsvoller Mann, ist.


OrdentlicheMitglieder, zahlten jährlich drei rheinische Gulden, außerordentliche einen Gulden 15 Kreuzer. Auch zum bereitgestellten Lesestoff wird Genaueres mitgeteilt:
Die Bücher, welche gelesen werden, sind keine Romane, sondern blos historischen, geographischen und statistischen Inhalts, nur zuweilen wird ein sich auszeichnendes Werk aus dem Gebiete der schönen Wissenschaften beygefügt.

Bei dem zehn Jahre später beschriebenen Lipprichäuser Modell handelte es sich genau genommen um einen frühen Lesezirkel, denn die für 70 Gulden im Jahr angeschafften Druckwerke gingen nach einem genau festgelegten Verfahren von Hand zu Hand.

Einen gemeinsamen Leseort gab es nicht, wohl aber regelmäßige Treffen:
Die ordentlichen Mitglieder der Gesellschaft halten alle Jahre eine öffentliche Zusammenkunft, bey welcher sie sich über die Anschaffung neuer Werke und über die Vervollkommnung der Einrichtung, freundschaftlich besprechen:
und dabey reichen protestantische und katholischeGeistliche und Beamte sich liebreich einander die Hände und lassen in ihren Gesprächen so viele Herzlichkeit und Innigkeit bliken, dass man unter ihnen keinen Unterschied der Religion bemerkt - So kommen wir weiter!


Gelebte Ökumene vor über 200 Jahren unter der Ägide des evangelischen Ortsgeistlichen Johann Christian Lampert (1751-1822). Er zeigt sich damit als würdiger Spross der in Lipprichhausen und Ippesheim wirkenden, mit fortschrittlich-liberalen Geistern gesegneten Pfarrer-Dynastie.